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Future Organization Report untersucht Agilität in Unternehmen

26.09.2019

Neue Studie: Viele Unternehmen arbeiten agil, sind es aber nicht.

Viele Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz arbeiten bereits agil mit Methoden wie Scrum und Kanban (doing agile). Allerdings sind sie es nicht durchgehend, da sie die Agilität noch nicht in den Köpfen der Mitarbeitenden oder gar in der Unternehmenskultur verankert haben (being agile). So werden agile Strukturen und Ansätze vorwiegend bereichsweise eingeführt. Eine langfristige Roadmap fehlt oder ist nur in Ansätzen vorhanden. Die hohen Erwartungen an Agilität können so oft nicht realisiert werden. Auf dem Weg zur agilen Organisation bleibt also viel Luft nach oben. Dies zeigt der Future Organization Report 2019 von Campana & Schott und des Instituts für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen. Die Studie untersucht, welche Chancen und Risiken Agilität aus Sicht von Top-Entscheiderinnen und -Entscheidern, Führungskräften und Mitarbeitenden birgt. Ferner wird beleuchtet, wie Unternehmen auf dem Weg zur agilen Organisation mit eigenverantwortlichen Akteuren und flexiblen Strukturen schneller zu besseren Ergebnissen kommen. Dabei liegt der Fokus bei einer ausgeprägten Kundenorientierung.

Den Mitarbeitenden ist klar, dass für agile Arbeitsweisen neue Fähigkeiten nötig sind. So fühlen sich 81.2 Prozent der Befragten für ihre aktuellen Aufgaben gerüstet. Gleichzeitig sehen jedoch 75.4 Prozent den weiteren Aufbau neuer Fähigkeiten als essenziell an. 65.7 Prozent stimmen beiden Aspekten stark zu. Auch Teamarbeit ist für die Agilität wichtig. Ein Drittel der Befragten ist davon überzeugt, dadurch erfolgreicher zu sein (30.5 Prozent). Diese betonen vor allem die nötige Abstimmung (48.5 Prozent) sowie Diskussion in der Gruppe (30.4 Prozent). Zudem greifen sie gerne auf die Hilfe anderer zurück (32.8 Prozent). 

Führungskräfte als Vorbild 

Die Studie arbeitet heraus, dass Führungskräfte eine Vorbildfunktion im Rahmen der agilen Transformation innehaben. Ihr Fokus liegt auf der Zusammenarbeit, Kommunikation und Entscheidungsfindung auf Augenhöhe, unabhängig von der jeweiligen hierarchischen Rolle.

Tatsächlich geben Führungskräfte in vielen agilen Unternehmen bereits Verantwortung ab und schaffen Freiräume. Ein Drittel der Befragten (33.5 Prozent) sagt, dass ihre Führungskraft sie zur Bewältigung ihrer agilen Tätigkeiten befähigt. Von den Teilnehmern werden knapp zwei Drittel zur Eigeninitiative motiviert (65.7 Prozent), erhalten Befugnisse (64.6 Prozent) sowie einen positiven Ausblick in die Zukunft (60.9 Prozent) und können ihre Arbeit selbstbestimmt gestalten (60.2 Prozent). 

Rund ein Viertel der Befragten (27.5 Prozent) attestiert dem eigenen Unternehmen einen hohen bis sehr hohen Reifegrad an Agilität. Unter Führungskräften fällt dieser Wert höher aus (30.5 Prozent) im Vergleich zu den Mitarbeitenden (21.7 Prozent). Insgesamt empfinden sich 40.9 Prozent der Befragten selbst als agil. Dabei schätzen sich Führungskräfte weitaus agiler ein (50.3 Prozent) als Mitarbeitende (25.1 Prozent). Dies ist bereits eine ideale Voraussetzung, um der wichtigen Vorbildfunktion gerecht zu werden. Führungskräfte müssen jedoch darauf achten, auch ihre Mitarbeitenden zu mehr Agilität zu führen. 

Risiken für die Transformation 

Es gibt jedoch auch Hindernisse für die agile Transformation. Dazu zählen insbesondere die Angst vor Fehlern sowie mangelnde Kommunikation. Nur jeder fünfte Teilnehmer (19.2 Prozent) sagt, dass Fehler im Unternehmen nicht gegen die Person verwendet werden. Jeder Zweite kann Probleme und Schwierigkeiten nicht einmal ansprechen. Lediglich 30.5 Prozent fühlen sich sicher, wenn sie ein Risiko eingehen – und nicht mal jeder Fünfte glaubt, er könne Kollegen ungefährdet um Hilfe bitten (13.9 Prozent). Hier sind Führungskräfte gefordert, eine „Trial & Error“-Kultur vorzuleben und die Mitarbeiter dazu zu motivieren. Dies führt zu einer besseren Entscheidungsfähigkeit bei den Mitarbeitenden, welche eine Grundvoraussetzung für agile Organisationen darstellt. 

Doch nicht alle Mitarbeitenden möchten und können sich auf die agile Arbeitsweise einlassen. Offene Kommunikation, externe Coaches und die Berücksichtigung sensibler Bereiche bei Mitarbeitenden können Widerstände abbauen sowie skeptische Kolleginnen und Kollegen im Unternehmen halten. Zum Beispiel wünschen sich 36.1 Prozent der befragten Mitarbeitenden Team-Recruiting, also an der Auswahl von Personal in ihrem Team beteiligt zu sein. Weitere 30.4 Prozent haben bereits ein Mitspracherecht. So wird etwa an Probearbeitstagen die Zusammenarbeit und Harmonie mit dem Team getestet. Dies vermeidet mögliche Frustrationen oder Probleme. 

Eine Herausforderung bildet auch die Nachvollziehbarkeit der agilen Transformation. Häufig besitzen Unternehmen dafür weder Roadmap noch Zwischenziele oder angestrebte Ergebnisse. Agilität muss nicht über eigene KPIs gemessen werden, sondern dient dazu, andere Ziele besser zu erreichen. Jedoch ist eine Überprüfung und Anpassung der bisherigen KPIs notwendig, da agile Organisationen andere Rahmenbedingungen schaffen.  

Die offene Darstellung, wer woran arbeitet, kann ebenfalls die Motivation steigern und eine bessere Priorisierung der Aufgaben ermöglichen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass ein Teil der Mitarbeitenden in der erhöhten Transparenz die Gefahr einer unerwünschten Kontrolle sieht. Um diese Befürchtungen auszuräumen sowie allen Beteiligten eine klare Richtung vorzugeben und zu motivieren, gehören klare Agilitätsziele in die Vision eines Unternehmens.

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