05.12.2019

Mit Daten den Ticketverkauf ankurbeln

Effektives Customer Lead- und Risk-Scoring – im Fußball und anderen Branchen.

Selbst IT-ferne Branchen wie der Fußball wollen mit Hilfe von digitalen Prozessen ihren wirtschaftlichen Erfolg erhöhen. Ein praktisches Beispiel zeigt, wie die heute verfügbaren Datenmengen dazu beitragen. Vom Ansatz des Customer Lead- und Risk-Scoring können auch andere Branchen profitieren.

Fangesänge, schwingende Fahnen, Spannung und schöne Tore: So stellt man sich einen gelungenen Fußballnachmittag vor. Doch die Realität sieht manchmal anders aus: schlechte sportliche Leistungen, bittere Niederlagen, Abstieg in die untere Liga. Kein Wunder, dass die Kartenverkäufe dann sinken und einige Anhänger ihre Dauerkarte nicht für die neue Saison verlängern. Schließlich hat eine Stadt auch andere attraktive Freizeitaktivitäten zu bieten.

So müssen sich viele Fußballvereine überlegen, wie sie ihre Ticketverkäufe steigern. Preisanpassungen sind häufig mittelfristig nicht erfolgreich, vor allem wenn die sportliche Leistung nicht stimmt. Verfügbare Datenquellen können dabei helfen, das Marketing professioneller zu gestalten. Zum Beispiel lassen sich auf Grundlage der Daten aus dem Verkauf Trends und Muster erkennen, um die Fanansprache zu optimieren.

Fans verstehen, um Umsätze zu steigern

Nicht nur Stürmer müssen immer ihr Ziel im Auge behalten: das gegnerische Tor. Auch der Verein sollte seine Ziele kennen. Ein sicherer Umsatz durch Dauerkartenverkäufe ist neben Fernsehgeldern und Sponsoring eine zentrale Einnahmequelle und damit eine der wichtigsten Säulen jedes professionellen Fußballvereins. Daten können dabei helfen, diese strategisch wichtige Säule auch in sportlich schwierigen Zeiten zu stabilisieren oder sogar auszubauen.

Der konkrete Ansatz liegt hier zunächst darin, ein besseres Verständnis über die Fans und insbesondere die Dauerkarteninhaber zu erhalten. Bezogen auf das Beispiel bedeutet dies: Welche Fans kaufen Dauerkarten? Wer verlängert seine Dauerkarte nicht? Welche Gründe sind ausschlaggebend für einen Kauf oder eine Nicht-Verlängerung? 

Antworten auf diese Fragen lassen sich nutzen, um neue potenzielle Dauerkarteninhaber zu identifizieren und Risiko-Dauerkarteninhaber rechtzeitig zu erkennen sowie die Kommunikation für diese Zielgruppen entsprechend zu steuern. Konkretes Ergebnis einer solchen Analyse sollte zum Beispiel eine Bewertung (Scoring) der aktuellen Dauerkarteninhaber hinsichtlich ihres Risikos sein, dass sie die Dauerkarte nicht verlängern. Auch eine Auflistung potenzieller Neukunden (Leads) und ihrer Kaufwahrscheinlichkeit kann sinnvoll sein. Solche Ergebnisse bilden die Grundlage für eine darauf aufbauende Marketingkampagne. 

Umsetzung: Die Wahrheit liegt auf dem Platz

Selbst die beste Taktik hilft nichts, wenn die Spieler auf dem Platz sie nicht umsetzen können. Nachdem Inhalt und Umfang des Anwendungsfalls klar definiert und dessen Mehrwerte dargestellt wurden, geht es an die Umsetzung. Dabei ist festzulegen, welche Ressourcen nötig sind und ob der Verein Zugang dazu hat oder auf externe Partner zurückgreifen muss.

Unser Beispiel

Unser Beispiel

Unser Beispiel umfasst folgende Bereiche:

  • Ticketing-Daten (ERP/Ticketanbieter)
  • Mitgliedschafts-Daten
  • (Sozio-) Demografische Daten (CRM)
  • Zugangskontroll-Daten (Scan der Tickets beim Stadioneinlass)

Neben den Daten sind entsprechende Tools, Technologien und Personen bzw. Fertigkeiten notwendig, um die Daten anzubinden, aufzubereiten, zu speichern, zu modellieren und im letzten Schritt entsprechend zu analysieren. Die Analyse sollte mit einer beschreibenden (deskriptiven) Herangehensweise beginnen, gefolgt von einer untersuchenden (diagnostischen) Betrachtung. Darauf aufbauend können vorhersehbare (prädiktive) Aussagen getroffen werden.

In der Praxis

In der Praxis

In der Praxis an unserem Beispiel orientierend bedeutet das:

  1. Was ist passiert bzw. wie haben sich die Ticketverkäufe verändert?
  2. Warum ist etwas passiert bzw. warum haben Dauerkarteninhaber verlängert oder nicht verlängert?
  3. Was wird passieren bzw. wer wird seine Dauerkarte nicht verlängern?

Konzeption und Umsetzung müssen unter Berücksichtigung der DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung), also zweckgebunden und mit Einverständnis der Betroffenen, erfolgen. Zur Modellierung lassen sich die Daten der Dauerkarteninhaber mit verschiedenen Datenquellen verknüpfen, um die darin enthaltenen Informationen miteinander zu kombinieren. Hier ist bei Bedarf eine Reinigung und Aufbereitung der Daten im Vorfeld erforderlich. Bei der anschließenden Analyse und Mustererkennung geht es um die Ermittlung der wichtigsten Einflussfaktoren für den Kauf einer Dauerkarte im Vergleich zu normalen Einzeltickets beziehungsweise für die Nicht-Verlängerung einer Dauerkarte.

Faktoren für den Kauf einer Dauerkarte

Faktoren für den Kauf einer Dauerkarte

Die Analyse identifizierte unter anderem folgende entscheidende Faktoren für den Kauf einer Dauerkarte:

  • Alter der Person
  • Entfernung zum Stadion
  • Anzahl der Käufe von Einzeltickets
Faktoren für die Nicht-Verlängerung einer Dauerkarte

Faktoren für die Nicht-Verlängerung einer Dauerkarte

Als entscheidende Faktoren für die Nicht-Verlängerung einer Dauerkarte stellten sich heraus:

  • Anzahl besuchter Spiele
  • Entfernung zum Stadion
  • Jahre im Besitz einer Dauerkarte

Die Tabelle lügt nie

Jeder Stürmer möchte die Torjägerkanone – aber kein Torhüter die meisten Gegentore. Solche Ranglisten dienen nicht nur zur Bewertung von Spielern, sondern auch der Fans. Denn auf Basis der Ergebnisse der vorangehenden Datenanalyse lässt sich ein Scoring-Modell entwickeln. Dabei gibt es zwei Sichtweisen: Das Lead-Scoring listet die in den Datenbanken enthaltenen Fans und Besucher nach Ähnlichkeiten mit Dauerkarteninhabern auf und stellt damit aussichtsreiche Neukunden und Dauerkarteninteressierte dar. Das Risk-Scoring bewertet umgekehrt die aktuellen Dauerkarteninhaber hinsichtlich ihres Risikos, dass sie nicht verlängern.

Dieses Scoring lässt sich mit weiteren Informationen über die jeweilige Person nutzen, um in die Fan- und Kundenansprache zu gehen. Ziel ist es dabei, möglichst personalisierte Inhalte und Angebote zu erstellen, die optimal den Wünschen des Fans entsprechen.

Beispiele als Ergebnis des Lead-Scoring

Beispiele als Ergebnis des Lead-Scoring

  • Upselling-Angebot für eine Rückrunden-Dauerkarte an Fans, die in der Hinrunde mehrere Tageskarten gekauft haben
  • Upselling-Angebot für Dauerkarte in Kombination mit stark vergünstigter Kinder-Dauerkarte für Tageskartenkäufer mit Kindern
Beispiele als Ergebnis des Risk-Scoring

Beispiele als Ergebnis des Risk-Scoring

  • Verzehr-Gutscheine für Dauerkarteninhaber, die in Stadionnähe wohnen, aber in der aktuellen Saison nur wenig Gebrauch von ihrer Dauerkarte gemacht haben
  • Parkgutschein (freier Parkplatz für einige Spiele) für Dauerkarteninhaber, die weit entfernt vom Stadion wohnen und in der aktuellen Saison ihre Dauerkarte nur selten genutzt haben
  • Cross-Selling-Angebot für Platzwechsel, da der Dauerkarteninhaber in einem Stadionbereich sitzt, der stark gefährdet ist

Am Ende zählen nur Ergebnisse

Der dargestellte Ansatz wurde bei mehreren Fußballvereinen bereits erfolgreich durchgeführt.

Diese profitierten dadurch von folgenden Vorteilen:

  • Verringerung des Dauerkartenrückgangs (Abwanderungsquote wurde um bis zu 20% gesenkt)
  • Steigerung von Neukunden (Zuwachs an neuen Dauerkarteninhabern von bis zu 30%)
  • Steigerung der Fanbindung durch positive Rückmeldungen auf die individuellere Kommunikation
  • Hoher ROI durch schnelle Umsetzung des Use Cases mit klaren Mehrwerten

Das können andere Branchen daraus lernen

Dieser Ansatz bietet auch für andere Branchen zahlreiche Anknüpfungspunkte zum Einstieg oder Ausbau von datengetriebenen Marketing- und Vertriebskampagnen, die sie zum Beispiel mit einer Erfolgsmessung oder Automatisierung erweitern können. Das Customer Lead- und Risk-Scoring lässt sich dabei auf andere B2C- und B2B-Bereiche übertragen, um Marketing- und Vertriebsprozesse zu unterstützen.

Hierzu einige Denkanstöße:

  • Welche Daten gibt es über die Kunden?
  • Kommt dieses Wissen für Marketing und Vertrieb zum Einsatz?
  • Welche Kunden sind am wichtigsten?
  • Welche Gruppe/Branche sorgt für 80 Prozent des Umsatzes?
  • Welche Kundengruppen wurden in den letzten Jahren und Monaten verloren, gehalten oder neu gewonnen?
  • Wie kommuniziert das Unternehmen mit diesen Gruppen?
  • Wie lässt sich der Erfolg überprüfen?
Lead-Scoring

Fazit

Das Anwendungsbeispiel zeigt, dass Daten auch in kleinen Branchen und Unternehmen, wie Fußballvereinen, ein entscheidender Faktor bei der Professionalisierung des Marketings, und damit Optimierung der Kundenkommunikation, sein kann. Auch wenn die geschilderten Analyseergebnisse fußballspezifisch sind, so ist der datengetriebene Ansatz für Marketing- und Vertriebskampagnen branchenübergreifend anwendbar. Dabei müssen Unternehmen nicht immer das „Big Data Science“-Rad drehen, um einen konkreten Nutzen zu erhalten. Schon mit einem einfachen Customer Lead- und Risk-Scoring können sie konkrete Ansätze für neue Einnahmequellen und Umsatzsteigerung finden.