Auf der Suche nach Wegen und Lösungen stellen wir überrascht fest, dass viele Menschen jeden Morgen Teile ihres wahren Ichs wie einen Mantel an der Firmengarderobe abgeben und abends wieder abholen. Von einer Sekunde zur nächsten legen wir Teile unserer Persönlichkeit auf Eis, die uns in unserem Privatleben zu bemerkenswerten Menschen machen. Freundschaftliche Gesten, die uns nach Feierabend ohne nachzudenken gelingen, müssen wir in unserem Büroalltag erst wieder neu lernen und erfinden. Dabei haben wir doch alle schon das in die Wiege gelegt bekommen, was wir brauchen, um andere an einem prägenden Moment teilhaben zu lassen und selbst zu erkennen, wie unglaublich viele solcher Augenblicke es gibt. Wenn Sie zum Beispiel nach einer Inspirationsquelle für die Planung und Inszenierung eines natürlichen und selbstverständlich rein zufälligen Moments suchen, müssen Sie sich nur einmal Ihre Großeltern vor Augen halten – sie sind wahre Meister prägender Momente. Diese erfahrenen und bescheidenen Spezialisten sind es, die einen Apfel, eine Geschichte, ein Bild oder einen Spaziergang im Park zu etwas machen, das uns vor Lachen die Tränen in die Augen treibt oder wirklich tief berührt – ohne etwas dafür im Gegenzug zu verlangen. Ohne großes Aufsehen heben sie einen Moment unseres Lebens ins Rampenlicht, der uns so sehr ans Herz wachsen wird, dass wir ihn fest in Erinnerung behalten, um ihn dann irgendwann an die nächste Generation weiterzugeben, die ihn im Herzen weitertragen wird.
Was lernen wir also: Prägende Momente sind persönlich und nie formell. Sie verbinden zwei oder mehr Menschen miteinander. Hausgemachter Kuchen ist charmanter als eine perfekte Torte. Solche Augenblicke zu schaffen, kann nie an HR oder Dritte delegiert werden. Tun Sie etwas, das niemand erwartet hätte. Schreiben Sie etwas mit der Hand. Trauen Sie sich, spontan zu sein, und machen Sie es bitte auf Ihre ganz persönliche Weise. Verlangen Sie keine Gegenleistung, vergessen Sie den Materialwert, und vor allem: Tun Sie es selbst. Und wenn Sie der Meinung sind, dass das gerade passt und zum Ziel führen würde, können Sie auch gern ein Lied (davon) singen. Ziehen Sie kleinere Gruppen Massenveranstaltungen vor, lassen Sie mehr Raum für eigene Ideen. Bitte hören Sie auf, Mitarbeitende oder Manager auf der Bühne zu ehren. Denken Sie stattdessen darüber nach, wie Sie auf einschneidende Lebensereignisse und persönliche Krisen von Angestellten reagieren können. Finden Sie Gelegenheiten, die bestätigen, wofür Ihr Unternehmen wirklich steht.
Hier ein paar praktische Beispiele dafür:
- Vereinbaren Sie rasch mit ein paar Mitarbeitenden, einer Kollegin oder einem Kollegen mit privaten Schwierigkeiten Rückendeckung zu geben.
- Schenken Sie weniger leistungsstarken oder beliebten Kolleginnen oder Kollegen auch einmal Ihre Aufmerksamkeit. Gehen Sie mit ihnen Mittagessen oder bieten Sie an, sie in der weiteren Entwicklung zu begleiten – Sie könnten überrascht sein, was alles dabei herauskommt.
- Machen Sie Ihre Begrüßungszeremonie zu etwas ganz Besonderem: Holen Sie Ihre neuen Kolleginnen und Kollegen schon in der Empfangshalle oder auf dem Parkplatz ab, und begleiten Sie sie zu ihrem Schreibtisch, bitten Sie enge Kollegen, ihnen im Laufe des Tages Hallo zu sagen, und halten Sie den Laptop und andere Materialien schon bereit, um Zeit für wirklich wichtige Dinge zu sparen.