01.10.2020

Agil lernen

Warum individuelle Weiterbildung der Schlüssel für die Organisation von morgen ist.

Wie fördert man ein agiles Mindset? Vor allem durch das selbstständige Erarbeiten neuer Kompetenzen. Das sage nicht ich. Auf diese Antwort kommt der gerade erschienene Future Organization Report. Der Report stellt fest, dass für 86 Prozent der Befragten die kontinuierliche Weiterentwicklung von persönlichen Fähigkeiten eine zentrale Rolle spielt. Aber: Nur rund die Hälfte hat auch selbst an Weiterbildungen zum Thema Agilität teilgenommen. Es ist Zeit, dies zu ändern!

Noch zu wenig Eigeninitiative – das größte Hindernis

Die Studie des Instituts für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen schlägt Alarm: Bloß ein Drittel der Mitarbeitenden im Unternehmen wird von sich aus aktiv. Und schlimmer: Nur ein Viertel der Befragten gibt an, von ihren Führungskräften Empfehlungen und Guidance zum Thema Agilität zu erhalten. 

Und, ganz ehrlich – das deckt sich mit vielen meiner Eindrücke: Gerade in größeren Unternehmen warten die Mitarbeitenden oft darauf, dass sie mit Schulungs- und Weiterbildungsangeboten versorgt werden. Dabei erwarten viele eher konventionelle Formate wie Frontalunterricht. Hier müssen wir für einen Haltungswandel sorgen. Weiterentwicklung erfordert Eigeninitiative. Möglichst alle Mitarbeitenden müssen von sich aus aktiv werden. Eine abwartende oder gar passive Haltung passt nicht zur Organisation von morgen.

Weiterentwicklung während Corona – wie haben wir das selbst gemacht?

Auch bei Campana & Schott konnten wir im Rahmen der Corona-Krise den Großteil der geplanten Weiterbildungen und Schulungsgruppen nicht durchführen. Wir haben uns gefragt: Wie können wir die Mitarbeitenden in diesen Zeiten unterstützen bzw. ihnen helfen, auch ohne persönliche Präsenz wirksam zu werden? Wir kamen zum Schluss, dass ein sehr umfassender und unbeschränkter Zugriff auf eine Lernumgebung ein zentraler Baustein für uns ist. So haben wir in einen vollumfänglichen Zugriff auf LinkedIn-Learning investiert. Die Mitarbeitenden können Inhalte selbst bestimmen: Möchte ich mich mit den SCRUM Basics befassen, mit Konfliktmanagement oder doch lieber die PowerPoint-Skills auffrischen? Die gesamte Belegschaft hat Zugriff auf alle LinkedIn-Kurse und Tutorials. Bewusst haben wir auch die individuelle Neugier gefördert. Das Ergebnis? Ich habe einen sehr engagierten und verantwortlichen Umgang erlebt. Ein Großteil meiner Kollegen hat sich aktiv weitergebildet, Zertifikate erworben, aber auch viel über den Tellerrand geblickt, in ganz anderen Themengebieten. Was sehe ich als den Erfolgsfaktor? Freie Zeiteinteilung und Eigeninitiative! Jeder wählt die Kurse in dem Umfang und besucht sie zu der Uhrzeit, wie es in den persönlichen Alltag am besten passt.

Wie geht es weiter?

Nimmt man diese Erfahrungen und die Ergebnisse aus dem Future Organization Report zusammen, komme ich zu folgenden Empfehlungen:

Was können Unternehmen und Führungskräfte tun?
  1. Die Lehrangebote weiterentwickeln von reinen Lehrveranstaltungen hin zu einer anregenden Lernumgebung.
  2. Formelle Qualifizierungen nicht überbewerten und verstärkt in eine Infrastruktur investieren, in der sich Mitarbeitende selbstbestimmt weiterbilden können.
  3. Führungskräfte müssen von sich aus Mitarbeitende motivieren und mit ihnen besprechen, wo individuelle Potenziale liegen. Dazu: Angebote bekannt machen, eigene Erfahrungen teilen, auf Neues aufmerksam machen.
  4. Weiterbildung ist zentrale Aufgabe der Führungskraft – die HR-Abteilung unterstützt diesen Prozess, verantwortet ihn aber nicht.
Was sollen Mitarbeitende unternehmen?
  1. Mitarbeitende müssen sich verabschieden vom klassischen Bildungsangebot „Fünf Tage Schulung im Jahr, möglichst am Stück“ – eher kontinuierlich und in „Häppchen“ lernen! Auch das gehört zu agil lernen.
  2. Selbst stöbern und neue Angebote einfach mal ausprobieren. 
  3. Weiterbildung adressieren, wenn die neuen Kenntnisse auch schnell angewendet werden können. Warum nicht im Kick-off eines neuen Projektes über sinnvolle oder erforderliche Online-Tutorials diskutieren und sich über positive Erfahrungen austauschen? Die Inhalte aus dem SCRUM-Kurs direkt im neuen Projekt ausprobieren.
  4. Lernen als Freude und Privileg verinnerlichen … nicht als lästige Pflicht.