11.04.2018

Unsichtbare Roboter

Bots und die fast unbemerkten Momente der digitalen Transformation.

Paula und Scotty

Zehnmal in der Woche wird Paula von unseren Mitarbeitern gefragt, wo sie neue Visitenkarten nachbestellen können. Denn Paula weiss, was in diesem Fall zu tun ist. Noch häufiger werden andere Kollegen von Campana & Schott gefragt, bis man schliesslich bei Paula an der richtigen Stelle landet.

So verbringt Paula viel Zeit damit, ihren Kollegen zu erklären, wie man neue Visitenkarten beantragt und wo die Kontaktdaten einzutragen sind. Diese Zeit könnte Paula natürlich viel sinnvoller investieren.
Seit ein paar Wochen bekommt Paula jedoch tatkräftige Hilfe von Scotty. Er erklärt bereitwillig den Bestellprozess, versteht auch eher diffuse Anfragen und schickt direkt die erforderlichen Links. Und dabei lässt er sich nie aus der Ruhe bringen.

Das Besondere an ihm: Scotty ist ein ChatBot. Also ein virtueller Mitarbeiter bei Campana & Schott, der im Kollegenkreis sehr geschätzt ist. Denn was als internes Experiment gedacht war, bringt heute bereits unmittelbaren Nutzen. Nichts Weltbewegendes, aber eine echte Hilfe. Und das an vielen Stellen, nicht nur beim Wunsch nach Visitenkarten.

 

Neue Geschäftsprozesse – Kern der digitalen Transformation

Letztlich sind es optimierte oder gänzlich neue Geschäftsprozesse, die den digitalen Wandel ausmachen. Dabei hat die Medaille der digitalen Transformation zwei Seiten. Zum einen geht es um die interne Optimierung. Digitalisierung soll den Effizienz- und Kostendruck in den Unternehmen lösen – dies reicht von grossen Prozessen bis hin zur vereinfachten Bestellung von Visitenkarten. Die andere Seite richtet sich nach aussen: Digitalisierung soll vor allem die Schnittstelle zum Kunden komfortabler, umfassender und nutzenorientierter machen. Dazu kommt eine stark zunehmende Personalisierung des Kundenerlebnisses. Auf beiden Seiten gewinnt die Automatisierung von Geschäftsprozessen eine ganz neue Bedeutung. Denn die entscheidende Veränderung der Prozesse kommt heute von neuen Technologien. Durch die Automatisierung von Geschäftsprozessen führen wir Unternehmen in ein neues Zeitalter. Für viele ist es bereits jetzt selbstverständlich, dass Roboter bzw. Bots Arbeitsschritte für uns übernehmen.

 

Geschäftsprozessautomatisierung mit ChatBot-Technologien – ein kurzer Überblick

In kurzer Zeit gab es einen rasanten Wandel. Jetzt verfügbare Technologien schaffen ganz neue und de facto bahnbrechende Möglichkeiten, Prozesse zu automatisieren. Ermöglicht wird dies durch die kostengünstige Verfügbarkeit der neuen Technologien und vor allem durch deren Kombination. Gerade das Verstehen und eigenständige „Sprechen“ von natürlicher Sprache ist ein Game Changer. Hinzu kommt zum Beispiel die eigenständige Auswahl und Initiierung von Prozessen („Hallo Scotty, sind meine neuen Visitenkarten schon fertig?“). Typischerweise werden dabei folgende Technologien kombiniert:

  1. Spracherkennung und Spracherzeugung („Conversations“) sind mittlerweile gut ausgereift und praxistauglich
  2. Intelligente Workflows, die datengetrieben bzw. automatisch gestartet werden
  3. Künstliche Intelligenz (AI) und Machine Learning helfen uns, vorhandene Daten und Dokumente zu durchsuchen, zu verbinden sowie strukturierte und unstrukturierte Informationen auszuwerten
  4. Robotic Process Automation (RPA), bzw. robotergesteuerte Prozessautomatisierung, ist dabei eine besonders mächtige Technologie: Intelligente Software übernimmt beispielsweise die Bearbeitung von Eingabefeldern, so dass eine manuelle Eingabe entfällt

Im letzten Bereich spielt die Musik aktuell besonders laut. Während früher Integrationsprojekte das manuelle Copy & Paste ablösen sollten (Medienbrüche zwischen Anwendungen), so geschieht dies jetzt durch RPA. Und zwar um ein Vielfaches schneller und preiswerter. Umgekehrt passt RPA überall da gut, wo eine (native) Systemintegration sehr aufwendig oder sehr riskant bzw. unwägbar erscheint. Das bedeutet, mit nur einem Bruchteil der Aufwände übernimmt der Roboter das Copy & Paste zwischen den Anwendungen. Automatisierung ersetzt Integration.

Was können Unternehmen jetzt tun? Customer Service Management als guter Start

Gerade grössere Unternehmen können ihre zentralen Prozesse meistens nicht radikal verändern und brauchen bestimmte zeitliche Vorläufe. So denken viele Unternehmen zunächst an die Automatisierung von unkritischen Prozessen. Da es keinen direkten Bezug zum Kunden gibt, erscheinen interne Prozesse für eine Automatisierung und Roboterisierung besser geeignet oder weniger riskant.
Eine aus Sicht von Campana & Schott weitere interessante Option ist jedoch die Roboterisierung der Abläufe rund um das Customer Service Management. Serviceprozesse haben Kundenbezug, greifen aber nicht unmittelbar in die Wertschöpfung ein. Gleichzeitig lässt sich die Kundenzufriedenheit steigern, indem Kundenanfragen schnell beantwortet und Warteschleifen vermieden werden. Viele Unternehmen haben alleine in diesem Bereich 50 bis 100 Prozesse, die sich für die Automatisierung durch ChatBots anbieten – insgesamt also ein sehr guter Startpunkt.

 

Ein neues Change Management ist erforderlich

Technologie ist nur die eine Hälfte – die andere muss ein neues Change Management sein. Der Einsatz von Bots wird die erste grosse, spürbare Welle sein, bei der Aufgabenbereiche der Mitarbeiter im Zuge des digitalen Technologiewandels von Technologien übernommen werden. Dieser Wandel darf nicht nur „gemanaged“ werden, diesmal müssen wir den Wandel proaktiv gestalten. Herkömmliche Zielsetzungen wie „wir müssen die Mitarbeiter mitnehmen“ oder „wir müssen diesmal frühzeitiger die Betroffenen informieren“ reichen bei weitem nicht aus. Betriebsintern sind neue Fragen zu beantworten: Wie werden die Mitarbeiter in den Umstellungsprozess eingebunden? Welche digitalen Kompetenzen müssen die Mitarbeiter dafür entwickeln? Wie sollen Mitarbeiter Routineaufgaben reduzieren, um dafür höherwertige Aufgaben, zum Beispiel mit persönlichem Kundenbezug, zu übernehmen? Die gesellschaftliche Frage lautet: Welche Art von Arbeit wollen und sollen diese Mitarbeiter in Zukunft erledigen?

Paula zumindest macht sich keine Sorgen. Sie ist froh, dass Scotty ihr viele Routineaufgaben abnimmt und sie sich jetzt viel mehr auf die persönliche Beratung ihrer internen Kunden konzentrieren kann.